ELEFANT – Reales Tier / Denktraditionen

Elefant – A. Das reale Tier

Im Mittelalter hat der Elefant bereits ein ähnliches Verbreitungsgebiet wie heute. Das bedeutet: Der Elefant ist für das europäische Mittelalter zunächst ein ›Buchtier‹ und den Autoren aus eigener Anschauung kaum bekannt. Erst mit den Reiseberichten des späteren Mittelalters verbessert sich der Kenntnisstand. Nur wenige Elefanten finden den Weg ins Abendland: der Elefant Abul Abbas Karls des Großen (Geschenk von Hārūn ar-Rašid, 802); der Triumphelefant Friedrichs II. (Geschenk des Sultans Al-Kamil, 1227); der Elefant Heinrichs III. von England (Geschenk Ludwigs IX., 1255); der Elefant Hanno des Medici-Papstes Leo X. (Geschenk von Portugals König Manuel I., 1515); der Elefant Suleiman Kaiser Maximilians II. (Geschenk des portugiesischen Königs Johann III., 1551); der Elefant der Königin Elizabeth I. (Geschenk König Heinrichs IV., der ihn vom spanischen König Philipp II. erhalten hat). Auch der byzantinische Herrscher Konstantin IX. Monomachos besaß einen Elefant und eine → Giraffe in seinem Zoo in Konstantinopel. Elefanten sind im Mittelalter (wie schon im alten Rom) ein nicht unbedeutendes Element königlichen Diplomatie und Repräsentation. Die römische Tradition des Zirkuselefanten wird in Europa erst wieder im 17./18. Jh. aufgegriffen.

Der älteste und höchste dänische Ritterorden, der sog. Elefantenorden, erstmals 1464 erwähnt und 1462 von König Christian I gestiftet, besteht aus einem goldenen und teilweise weiß emaillierten Elefanten, welcher der Beschreibung von Kriegselefanten mit kastali aus der Alexanders saga entspricht. Der Orden wurde zunächst »Brüderschaft der Jungfrau Maria« genannt (war jedoch bereits früh einen turmtragenden Elefanten geschmückt), nach der Reformation aber in Elefantenorden umbenannt. Der Orden wird bis heute an ausländische Staatsoberhäupter und Angehörige des Hochadels verliehen. Seine Geschichte unterstreicht den exotischen und exklusiven Charakter, welcher dem Elefanten im 15. und 16. Jh. zugeschrieben wurde.

Lit.: K. Gröning: Der Elefant in Natur und Kulturgeschichte, 1998, 246-251; S. Oettermann: Die Schaulust am Elefanten, 1982, 28-37; S. A. Bedini: Der Elefant des Papstes, 2006. Achim Thomas Hack: Abul Abaz. Zur Biographie eines Elefanten. Badenweiler 2011. – J. Bernström: Elefant, Kulturkistorisk leksikon for nordisk middelalder 3 (1958), 590-593; P. Bander Van Duren: Orders of Knighthood and of Merit, 1995, 348-351.

Sabine Obermaier / Verena Hoefig

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Elefant – B.2 Bibel und Bibelexegese

Die Bibel erwähnt Elefanten als Tiere nur im Kontext der Makkabäerbücher (sonst findet nur das Elfenbein, nicht das Tier Berücksichtigung). Die Makkabäerbücher berichten von erfolgreichen Kämpfen und Listen gegen Kriegselefanten (2 Mcc 11,4; 2 Mcc 13,15; 1 Mcc 6,32). Als Eleazar glaubt, den Elefanten des gegnerischen Königs vor sich zu haben, opfert er sich, indem er sich unter den Elefanten stellt und ihn mit von unten durchbohrt (denn an der Bauchhaut sind Elefanten sehr verletzlich), wobei er allerdings selbst unter dem zusammenbrechenden Tier begraben wird (1 Mcc 6,43-47). Die Kirchenväter und christlichen Vermittler antiken zoologischen Wissens an das Mittelalter bewerten den Elefanten, abgesehen von Origines und Tertullian, durchweg positiv. Für Ambrosius (Hexameron 6,5) und Eusthatios (Hexameron 4,5) ist der Elefant ein Beispiel sinnvoller Schöpfung. Isidor von Sevilla betont seine Intelligenz und sein gutes Gedächtnis (Etymologiae 12,2,14). Geschätzt wird der Elefant wegen seiner Treue und Dankbarkeit und seiner gering ausgeprägten Sinnlichkeit (Cassiodor in Ps 44, 10 [PL 70, 325]).

Lit.: G. C. DRUCE: The Elephant in Medieval Legend and Art, The Archeological Journal 76 (1919), 1-73, hier 2-4.

Sabine Obermaier

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Elefant – B.1 Antike Zoologie

Die Antike lernt den Elefant erst mit dem Alexanderzug kennen; zuvor ist nur das Elfenbein bekannt, das Namen gebend wird: Herodot überträgt den Namen auf das Tier (3,114; 4,191). Von Aristoteles stammt die erste wissenschaftliche, auf anatomischen Studien (Historia animalium 500b,6-19; 501b,30; 506b,1; 507b,35; 509b,11; 517a,31) beruhende Beschreibung des Elefanten. Aristoteles schildert auch ausführlich Sexual- und Kampfverhalten (540a,20; 546b,7; 571b,32-572a,5; 578a,18-25; 610a,15-34), Nahrungsgewohnheiten (596a,3-13) und Krankheiten (604a,11; 605a,23-b,5) sowie Physiognomie des Elefanten (492b,17; 497b,22; 499a,7; 501b,30; 502a,2; 536b,22). Besonderes Augenmerk gilt dem Fang, der Zähmung und der Dressur von (indischen) Elefanten (488a, 28; 630b,19-31), die als Kriegs-, Arbeits- und Zirkuselefanten eingesetzt werden. Die von Aristoteles widerlegte Behauptung des Arztes Ktesias von Knidos, der Elefant habe keine Gelenke (498a, 3; vgl. 523a, 27), wird sich allerdings bis in die frühe Neuzeit halten. Plinius (8,1-35), Solin (passim) und Aelian (z.B. 4,24 [Zähmung], 7,41-45 [Gedächtnis u.a.], 17,29 u. 13,9 [Kampf], 8,10 [Jagd], 1,38 [Medizin]) widmen dem größten Landtier anekdotenreiche Darstellungen, welche seine Klugheit und Gelehrigkeit, seine Treue und Dankbarkeit sowie seine Gerechtigkeit und Frömmigkeit (Verehrung von Sonne und Mond) akzentuieren. Auch Vorurteile (Angst vor → Mäusen, Feindschaft mit dem →Drachen, Gelenklosigkeit der Beine usw.) werden hier weitervermittelt. Vermutlich kennen diese Autoren auch die verloren gegangene Abhandlung des Königs Iuba von Mauretanien über den Fang von Elefanten.

Lit.: O. Keller: Antike Tierwelt I, 1909, 372-382; H.-H. Scullard: The Elephant in the Greek and Roman World, 1974; R. Delort: Les Éléphants, piliers du monde, 1990, 73-88.

Sabine Obermaier

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