Auf dem spätwikingerzeitlichen Bildstein I aus der Kirche von Sanda auf Gotland ist ein langhalsiger und langbeiniger Vogel dargestellt, der möglicherweise als Kranich anzusprechen ist. Die eigenartige Form des Stoßgefieders könnte auf die charakteristisch vom Schwanz des Kranichs herabhängenden inneren Armschwingen hinweisen, die als „Schwanzhaube“ bezeichnet werden. Der Vogel steckt den Kopf in ein stilisiertes Gebäude und berührt einen darin stehenden Mann mit dem Schnabel am Rücken. Dieser Mann und eine weitere männliche Gestalt, die auf einem Thron sitzt und dem Stehenden zugewandt ist, berühren gemeinsam den Schaft eines Speeres oder einer Lanze. Die Szene wird als Aufnahme eines gefallenen Kämpfers in die Gefolgschaft des Kriegs- und Totengottes (Óðinn) interpretiert. Der langhalsige Vogel fungiert hierbei augenscheinlich als Psychopompos. Die ornithologische Bestimmung bleibt jedoch unsicher.
Lit.: H. JUNGNER: Den gotländska runbildsten från Sanda, Fornvännen 25 (1930), 65-82.
Sigmund Oehrl