Delfin – E.4 – II.2 Tierkunde, Enzyklopädik

Wie schon seine Vorlage, der Liber de naturis rerum (Redaktion Thomas III), ordnet Konrad von Megenberg in seinem Buch der Natur den Delfin den merwundern und nicht den vischen zu. Bereits in Konrads Vorlage sind jedoch alle Informationen vermieden, die auf ein Säugetier hinweisen (insbes. das Gebären und die Atmung). Konrad beschreibt analog zu Thomas III die für Fische ungewöhnliche Position des Maules am Bauch, die Besonderheiten der Zunge, den Geruchssinn, das Alter (140 Jahre mit abgehauenem Schwanz); er erwähnt die Liebe zu Gesang und Saitenspiel, die Schnelligkeit, die Absenz der Galle sowie die Eigenschaft, Menschen, die Delfinfleisch gegessen haben, zu fressen, sobald diese ins Wasser gefallen sind, dagegen Menschen, die dies nicht getan haben, zu retten und vor anderen Meerestieren zu schützen. Knapp wir die Arion-Sage wiedergegeben (mit Verweis auf Albertus Magnus). Ihr folgt der Bericht über die ›Trauerarbeit‹ der Delfine, wenn einer ihrer Artgenossen gefangen wird oder stirbt (nach Plinius) sowie die rührende Erzählung von der Freundschaft zwischen einem Knaben und einem Delfin in der Campania zu Zeiten des Augustus (nach Albertus). Abschließend wendet sich Konrad von Megenberg in einem eigenen Zusatz gegen den Vorwurf der Lüge von Seiten solcher Leser, die nur glauben wollen, was sie gesehen haben, sich aber auch die größten Lügen von Riesen und Recken anhören, die Konrad je gehört hat. Den bei Thomas von Cantimpré eigens aufgeführten Nildelfin, der erfolgreich gegen → Krokodile kämpft, hat Konrad wie schon Thomas III nicht.

Ausg.: Konrad von Megenberg: Das ›Buch der Natur‹, ed. R. LUFF/G. STEER, 2003, 261f.; Thomas von Cantimpré: Liber de naturis rerum. Redaktion III (Thomas III), ed. Projektgruppe B2 des SFB 226 Würzburg-Eichstätt unter Leitung von B. K. Vollmann, [1992, masch.], 80f.

Sabine Obermaier

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