Papagei – E.4 – IV.3 Diskursive Texte

Auch in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reiseberichten findet der Papagei Erwähnung. Sowohl im Niederrheinischen Orientbericht, als auch in den Itineraren Hans Tuchers, Sebald Rieters, Felix Fabris, Konrads von Grünemberg und Hans Schiltbergers wird über Papageien berichtet. Darüber hinaus enthalten auch die deutschen Übertragungen der Reiseberichte Jean de Mandevilles, Marco Polos und Ludovico de Varthemas Informationen über das Tier. Zwar wird das Federkleid des Papageis auch hier, ebenso wie in den Enzyklopädien (→ C. II.2), oftmals als ʻgrün mit rotem Halsbandʼ beschrieben, es zeigt sich jedoch, dass auch schneeweiße Exemplare zunehmend wichtiger werden (Fabri, 375; De Varthema, 101). Des Weiteren werden bunte Papageien genannt, an denen sogar sieben verschiedene Farben zu bestaunen seien (De Varthema, 101). Die Beschreibungen des schneeweißen Gefieders auf der einen Seite sowie die der Farbvielfalt auf der anderen lassen die Außergewöhnlichkeit der Tiere erkennen. Zudem wird die Betonung oftmals auf ihre große Schönheit gelegt. Diese Informationen dürften der Rechtfertigung der exorbitant hohen Preise gedient haben, denn vor allem schneeweiße Exemplare konnten weit über 50 Dukaten kosten (Fabri, 375); dabei handelt es sich wahrscheinlich um den aus den Fernen Orient-Inseln importierten Kakadu. Dass nicht nur der Kauf eines Papageis teuer sein konnte, ist dem Itinerar Sebald Rieters zu entnehmen, denn der Autor macht Angaben zu den vergleichsweise hohen Zollabgaben, die in Ägypten pro Papagei zu entrichten gewesen seien (Rieter, 145).
Die tradierten Proprietäten ʻharter Kopf’, ʻharter Schnabel’, ʻbreite Zunge’ und ʻrotes Halsband’ sowie die ʻunterschiedliche Anzahl an Zehenʼ werden auch in den Reiseberichten genannt (→ B.1; → C. II.2). Zudem findet in Ludovico de Varthemas Bericht erstmals die Reis-Vorliebe des Vogels Erwähnung (De Varthema, 91). Diese mache das Tier zu einer ernstzunehmenden Gefahr für alle Reisfelder und habe zur Folge, dass man Papageien in Reisanbauregionen keine große Wertschätzung entgegenbringe.
Indien, Arabien und das Reich des Großkhans gelten als Herkunftsländer des Tiers. Außerdem wird eine ägyptische Insel namens Segetha genannt, auf der man die Vögel im September fange und sie anschließend zum Verkauf nach Kairo abtransportiere (Tucher 562, 1-4; Fabri, 350). Es wird angenommen, dass die Höhe des Lebensraumes entscheidend ist für die Größe und Schönheit der Papageien (Niederrheinischer Orientbericht, 78).

Ausg.: F. Fabri: EIgentlich beschreibung der hin vnnd wider farth zu dem Heyligen Landt gen Jerusalem […]. Auf: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0007/bsb00070765/images. Zugriff am 30.11.2017 um 16:43 Uhr; Konrad von Grünemberg: Konrad von Grünembergs Pilgerreise ins Heilige Land 1486, ed. A. Denke, 2011; Mandeville: Sir John Mandevilles Reisebeschreibung. In deutscher Übersetzung von Michael Velser. Nach der Stuttgarter Papierhs. Cod. HB V 86, ed. E. J. Morrall, 1974; Marco Polo: Die mitteldeutsche Bearbeitung des „Divisament dou monde“ nach der Adamonter Handschrift Cod. 504, ed. N. Steidl, 2010; Ein Niederrheinischer Bericht über den Orient, ed. R. Röhricht/H. Meisner, 1887, 1-86; Sebald Rieter (d. J.): Das Reisebuch der Familie Rieter, ed. R. Röhricht/H. Meisner, 1884; Schiltberger, Hans: Hans Schiltbergers Reisebuch nach der Nürnberger Handschrift, ed. V. Langmantel, 1885. Auf: https://archive.org/details/hansschiltberge01langgoog. Zugriff am 30.11.2017 um 16:57 Uhr; Hans Tucher: Die 'Reise ins Gelobte Land' Hans Tuchers des Älteren (1479-1480), ed. R. Herz, 2002; Ludovico de Varthema: Die Ritterlich und lobwirdig rayß des gestrengen und über all ander weyt erfarnen ritters und Lantfarers herren Ludowico vartomans von Bolonia Sagent von den landen Egypto Syria von bayden Arabia Persia Jndia Und Ethiopia von den gestalten syten und dero menschen leben und gelauben. Augsburg, 1515. Auf: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0001/bsb00011589/images. Zugriff am 30.11.2017 um 16:45 Uhr.

Lit.: S. Mühlenfeld: Konzepte der ʻexotischenʼ Tierwelt im Mittelalter, Diss. Mainz 2017.

Stephanie Mühlenfeld