AMEISE – Englische Literatur

Ameise – E.2 – I. Terminologisches

ae. æmete, æmytte, me. amete, amte, ampte, emete, emmatte, emmotte, mire cf. ne. dialektal emmet
In altenglischer Zeit wird lat. formica mit æmete glossiert.

Lit: E. MÄTZNER: Altenglische Sprachproben, nebst einem Wörterbuche. 2. Band: Wörterbuch, erste Abtheilung: A-D, 1878; Middle English Dictionary (http://quod.lib.umich.edu/m/med/).

Thomas Honegger

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Ameise – E.2 – II.1 Physiologus, Bestiarien

Die Ameise ist eines der Tiere, die in der mittelenglischen Fassung des Physiologus Theobaldi behandelt werden (Z. 153-187). Der Autor beschreibt die Vorratshaltung der Ameise, die im Sommer und bei gutem Wetter fleißig Vorräte anlegt, um im Winter und in Zeiten der Not genügend Nahrung zu haben. Dabei bevorzugt die Ameise Weizenkörner und vermeidet Gerste. Die Körner werden zerbissen, damit sie nicht keimen und verderben. Diese Eigenschaften werden in der ›significacio‹ auf den Menschen übertragen, der während seiner Lebzeit durch gute Taten vorsorgen soll, damit er beim seinem Tode bzw. beim Jüngsten Gericht einen ›Vorrat‹ besitzt, von dem er zehren kann. Die Gerstenkörner werden als das Alte Testament interpretiert, während der Weizen für das Neue Testament steht.

Ausg.: The Middle English Physiologus, ed. H.WIRTJES, 1991.

Thomas Honegger

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Ameise – E.2 – II.2 Tierkunde, Enzyklopädik

John Trevisa (†1402), in seiner Übersetzung von Bartholomäus Anglicus’ De proprietatibus rerum, widmet im 18. Buch ein Kapitel der Ameise (›De formica‹). Trevisa stützt sich auf Isidor, Ovid, Solinus, Plinius, Aristoteles und die Bibel und erklärt zuerst die Etymologie des Namens ›formica‹ (Isidor: vom Tragen der Krumen und Getreidekörner), ihre Vorratshaltung (inklusive dem Trocknen der Körner, um ein Keimen zu verhindern) und ihrer Vorliebe für Weizen (›whete‹) und Vermeidung von Gerste (›bareliche‹). Er erwähnt, dass in Äthiopien hundsgroße Ameisen leben, die Gold graben und jeden verfolgen, der es stiehlt. Nach Solinus ist die Ameise ein kleines Tier, das jedoch fleißiger ist als manch großes Tier. Ameisen leben gemeinschaftlich organisiert, legen Vorräte an, bauen Hügel und legen ›Straßen‹ an. Bei Angriffen wehren sie sich durch verspritzen von giftigem Wasser, das auf der Haut brennt – weshalb man auch sage, die Ameise ›pisse‹. Plinius berichte, dass die Ameisen in einer Gemeinschaft organisiert arbeiten, schwere Lasten tragen – manchmal größer als sie selbst – und dass sie die gesammelten Körner schälen, damit diese nicht zu sprießen beginnen bzw. große Körner zerlegen, um sie ins Innere des Baus zu bringen. Ameisen arbeiten auch im Licht des Vollmonds und informieren sich gegenseitig über Nahrungsquellen. Die Ameisen sind in der Mitte ihres Leibes ›eingeschnürt‹ und nach einer gewissen Zeit wachsen ihnen Flügel und sie wandeln sich zu ›fleynge wormes‹. Indische Ameisen sind sehr groß und besitzen Hörner. Sie sammeln Gold und Edelsteine und verfolgen jeden, der es ihnen stiehlt, auch wenn er auf einem schnellen Kamel reitet. Aristoteles schließlich wird zitiert als Gewährsmann für den stark entwickelten Geruchsinn der Ameise, so dass sie alle unangenehm riechenden Dinge vermeiden und ihr Nest verlassen, wenn man sie mit Bimsstein, wildem Oreganum oder mit Hirschhorn ausräuchert. Ameisen leben in einer Gemeinschaft, haben aber keinen König und legen Vorräte an. Hier wird Salomon (Prv 6,6) zitiert, der auch auf diese beiden Eigenschaften Bezug nimmt. Aristoteles erwähnt ebenfalls die Arbeit bei Vollmond. Im letzten Paragraphen werden die Ameisen mit Blick auf ihren Einfluss auf Pflanzen und Natur betrachtet [noch zu prüfen: Quelle?]. So sollen sie durch ihre Nester die Wurzeln von Bäumen schädigen und verunreinigen die Hand, die sie anfasst. Ebenso klettern sie auf die Bäume und schädigen dort Blüten und Knospen und knabbern Früchte an. → Bären, wenn diese sich krank fühlen, essen Ameisen und heilen sich so.

Thomas Honegger

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Ameise – E.2 – III.1 Fabel

In der äsopischen Fabel erscheint die Ameise als Fabelprotagonist in The Ant and the Grasshopper (Nr. 373 in der Zählung von B.E. PERRY), wo sie im Gegensatz zur Zikade als vorausschauende Person Vorräte für den Winter anlegt (cf. Ameise im Buch Hiob). Die Fabel wurde durch Caxton (1484) ins Englische übersetzt. In Robert Henrysons Moral Fables wird die Ameise jedoch nicht genannt.

Thomas Honegger

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Ameise – E.2 – IV.1 Narrative Texte

Die Ameise wird mindestens zweimal in mittelenglischen Texten genannt (South English Legendary und Metrical Chronicle of Robert of Gloucester), wobei in beiden Fällen die Ameise nur als Vergleichsvorlage verwendet werden. Im ersteren Fall wird das Gewusel der Parasiten (→ Würmer), die sich aufgrund seiner asketischen Lebensführung in Thomas’ Fleisch eingenistet haben, mit der dicht gedrängten Geschäftigkeit der Ameise verglichen, im Chronicle-Text wird England von skandinavischen Invasoren überrannt, die das Land so dicht überziehen wie Ameisen auf einem Ameisenhaufen. Es wäre abzuklären, ob die Vorstellung des Sich-dicht-Drängens noch direkt aus der Naturbeobachtung kommt oder ob es sich bereits um einen literarischen Topos handelt.

In Lydgates Troy Book wird im 1. Buch (Zeilen 1-120) die Entstehung der Mymidonen aus Ameisen (nach Ovid und Guido de Columnis) erzählt. Peleus, der König von Thessalien, geht klagend alleine in den Wald, da all seine Untertanen durch Sturm, Schwert oder Seuche umgekommen sind. Er sieht in einem Loch inmitten der Baumwurzeln Ameisen herumkrabbeln und bittet die Götter, diese in Menschen zu verwandeln – was Jupiter auch macht und so die Rasse der Myrmidonen erschafft.

Ameisen, die die Größe von → Windhunden haben, werden in Kyng Alisaunder (Zeile 6556) als Teil der Wunder des Ostens (hier Ägyptens) erwähnt.

Thomas Honegger

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Ameise – E.2 – IV.3 Diskursive Texte

Liturgische und theologische Texte: Die Ameise kommt in Sprüche (Prv 6,6 und 30,25) als Beispiel der geschäftigen und vorsorgenden Fleißigkeit vor und kommt somit nicht nur in allen Übersetzungen ins Englische (e.g. Wyclif 1384) vor, sondern wird auch in der erbaulichen und Weisheits-Literatur als Vorbild genannt (e.g. Lydgates The Pilgrimage of the Life of Man, 1426 [eine Übersetzung von Guillaume de Deguilevilles Pèlerinage de vie humaine, 1355] oder der Secreta Secretorum). In Dan Michels Ayenbit of Inwit (1340) argumentiert der Erzähler, dass der Tugendhafte mit Hilfe Gottes nie unter seiner Last ermüdet und je länger er lebt desto größer wird seine Kraft – wie bei den kleinen Ameisen.

Thomas Honegger

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