HUND – Reales Tier / Denktradition

Hund – A. Das reale Tier

Der Hund ist das älteste Haustier des Menschen. Bereits in der Steinzeit begleitet er den Menschen zunächst als Jagdgefährte, dann als Wächter. Seit dem Frühmittelalter stand der Hund den Adeligen als Jagdbegleiter zur Seite. In dieser Funktion wurde er seit dem Hochmittelalter spezialisiert. Das im 14. Jahrhundert entstandene Livre de chasse des Grafen von Foix, genannt Gaston Phoebus, etwa unterscheidet zwischen dem alant (cap. 17, fol 45v), dem Windhund (cap. 18, fol. 46v), der Bracke (cap. 19, fol47v), dem Stöberhund (cap. 20, fol 50r) und dem Hetzhund. Auch Wachhunde sind im Mittelalter allgegenwärtig, werden aber nur selten in Texten oder anderen Quellen erwähnt. Dabei ist ihre Darstellung in den meisten Fällen negativ, wie bei Gaston Phoebus, der den Fleischerhund etwa als „schwerfällig und hässlich“ (cap. 17, fol 45v) bezeichnet. Der Wandel des Wachhunds zu einer negativen Art des Hundes aber scheint sich erst im Hochmittelalter vollzogen zu haben und hält bis in die frühe Neuzeit an, wo John Cajus etwa von der unedeln Natur der Wachhunde zu berichten weiß (Of Englishe Dogges, 1. Sec., p. 2). Texte aus dem Frühmittelalter zeigen, dass der Wachhund durchaus nicht immer als unedel galt (etwa der Wiener Hundesegen, der sich auf Wachhunde bezieht, aber auch in diversen Stammesgesetzen etwa der Baiern, Friesen, Saliern und Alemannen). Auch herrenlose Hunde, die in Dörfern und Städten in Rudeln und alleine lebten, sind zu finden. Für die Stadt Wien ist eine solche Plage etwa für das Jahr 1444 belegt, wo mehr als 800 Hunde getötet werden mussten. Im Hochmittelalter entstanden vermehrt die aus den Jagdhunden hervorgegangen Schoßhunde, die als Attribut der adeligen Frau gedeutet werden können, wie etwa im Codex Manesse, wo vier Tafeln diese Hunde immer in Verbindung mit Frauen adliger Herkunft zeigen. Im Spätmittelalter und der Renaissance zeigen sich auch vermehrt Männer mit diesen kleinen Hunden, wie etwa Papst Pius II. Für das Spätmittelalter ist belegt, dass Hunde als Geschenke zwischen Adeligen ausgetauscht wurden, wobei genau darauf geachtet wurde, dass die Hunde sowohl den Stand des Beschenkten als auch den des Schenkers widerspiegelten. Der Rechtsbrauch des Hundetragens zeigt die Ambivalenz des Hundes. Ein Adeliger wird dabei gezwungen, einen Hund über eine gewisse Strecke zu tragen, wodurch er in seiner Ehre beschnitten wird. Auch eine geänderte Wertung des Hundes ist für das Spätmittelalter festzustellen. So zeigt sich eine Schonung der Jagdhunde, die immer weniger zur wilden Hatz eingesetzt wurden, und Gaston Phoebus beschreibt etwa, wie Hunde zu verarzten seinen, wenn sie sich etwas zugezogen hätten (cap. 16, fol. 40v). Auch die Unterkunft der Hunde war wichtig und dementsprechend teuer. Das Rüdenhaus des Kaisers in Wien etwa schlug 1565 mit 2612 Gulden zu Buche. Die Vermenschlichung heutiger Hunde wie dem Rassehund ist ein Produkt des 19. Jahrhunderts.

Ausg.: Gaston Phoebus, Graf von Foix: Das Jagdbuch des Mittelalters, ed. W. SCHLAG/ M. THOMAS, 1994.

Lit.: J. CAIUS: Of Englishe Dogges, 1576; G.WACHA: Tiere und Tierhaltung in der Stadt sowie im Wohnbereich des spätmittelalterlichen Menschen und ihre Darstellung in der bildenden Kunst, in: Das Leben in der Stadt des Spätmittelalters, 1977, 229-260; B. SCHWENK: Das Hundetragen. Ein Rechtsbrauch im Mittelalter. Historisches Jahrbuch 110 (1990), 289-308; S. TEUSCHER: Hunde am Fürstenhof. Köter und „edle wind“ als Medien sozialer Beziehungen vom 14. Bis 16. Jahrhundert. Historische Anthropologie 6 (1998), 347-369.

Heiko Schnickmann

Zurück zu "Hund" | Weiter zu "B.1 Antike Zoologie"

Hund – B.1 Antike Zoologie

In den Hochkulturen Mesopotamiens und Ägyptens erfährt der Hund als Gott oder Gottbegleiter höchste Verehrung (Gula in Mesopotamien, event. Anubis in Ägypten). Die Griechen kennen Hunde für die Jagd und die Kriegsführung. Die wohl älteste Erwähnung eines Hundes findet sich in der Odyssee des Homer, wo Argos, der Hund des Odysseus diesen als erster erkennt und danach stirbt (17, 290-327). Vor allem Xenophon und Aristoteles berichten in späterer Zeit über den Hund Xenophon etwa schreibt in seinem Traktat Kynegetikos über die Jagd mit dem Hund. Darin geht er auf das Aussehen der Hunde ein und macht erste Unterscheidungen, welcher Hund für welches Wild geeignet sei (cap. 3-6). Später erwähnt er die Erziehung, weiß von kurzen Befehlen und höchstens zweisilbigen Namen (cap. 7-8). Aristoteles unterscheidet in seiner Tierkunde bereits verschiedene Arten (6, 20). Hauptsächlich aber schreibt er über das Paarungsverhalten und die Geschlechtsreife der ihm wohl bekannten Lakonischen Hunde. Später definiert er die drei Krankheiten der Hunde als Tollwut, Staupe und Fußgicht (8, 22). Letztere erweist sich dabei als einzige Krankheit, an der Hunde nicht sterben können. Als Kriegstier ist der Hund bei Alexander bekannt, der die sog. Molosser einsetzt und auf seinem Kriegszug mitführt. Bei den Römern liegt das Hauptaugenmerk auf dem Wachhund. Allgemein beschreibt Cicero den Hund als wachsam, liebevoll und nützlich für den Menschen (De natura deorum, 2, 158). In der Kaiserzeit sind es vor allem Marcus Terentius Varro (De re rustica, 1, 21; 2, 9) und Lucius Iunius Moderatus Columella (De re rustica, 7, 12; 7, 13), die sich intensiv mit Hunden auseinandersetzten. Vor allem das Aussehen des Hundes ist für sie wichtig. So soll er gefährlich aussehen, einen großen Kopf haben und farblich einem → Löwen gleichen. Plinius schließlich bezieht sich in seiner Naturalis historia explizit auf Columella (7; 63, 153) und ergänzt dessen praktisches Wissen um Anekdoten (8,61). Für die römische Kaiserzeit sind zudem Grabinschriften belegt, die bestätigen, dass Hunde beerdigt und vermisst wurden, etwa für den Hund Magaritha (CE 1175 = CIL 6, 29896). Die bekannteste Darstellung eines Hundes aus der römischen Antike ist wohl das Cave Canem-Mosaik aus Pompeji.

Lit.: J. PERFAHL: Wiedersehen mit Argos, 1983; M. GIEBEL: Tiere in der Antike, 2003; J. PETERS: Ein Hundeleben in der Antike. Antike Welt 5 (2005), 8-16.

Heiko Schnickmann

Zurück zu "Hund" | Zurück zu "A. Das reale Tier" | Weiter zu "B.2 Bibel und Bibelexegese"

Hund – B.2 Bibel und Bibelexegese

Der Hund ist in der Bibel überwiegend negativ konnotiert. Das AT kennt ihn vor allem als Tier in Fluch und Prophezeiung. Bereits im Deuteronomium wird der negative Bezug hergestellt, wenn das sog. Hundegeld als Synonym für die Bezahlung männlicher Prostituierter benutzt wird (Dt 23,19). Die Funktion des Hunds für Verfluchungen wird dann deutlich, wenn Könige – oder in Variation deren Männer –, die gegen den Willen Gottes agieren, von Hunden gefressen werden sollen (I Rg 21, 24 bzw. 16, 4). Die Psalmen verwenden ein ähnlich negatives Motiv. Dort sollen Hunde die Feinde des Betenden fressen (Ps 22, 17). Eine Stelle des AT zeigt allerdings auch die Wertschätzung, die Hunden entgegengebracht werden konnte. Ein Frevel im Gottesdienst sei ähnlich schlimm, wie das Brechen des Genicks eines Hundes (Is 66, 3). Im NT ist der Hund wenig vertreten. In der Offenbarung findet sich etwa die Vision, dass Hunde vor den Toren des himmlischen Jerusalems stehen werden (Apc 22, 15). Petrus schreibt, dass Menschen, die den wahren Glauben inne hatten, sich aber dem alten wieder zu wandten, wie Hunde sind, die zu ihrem Erbrochenen zurückkehren (II Pt 2,22). Diese Zeile wurde besonders bei Gregor dem Gr. erwähnt und fand durch die Prominenz des Autors Eingang in das theologische Denken. In der Nachfolge Gregors probiert Garnerius, alle Bibelstellen über den Hund zu deuten. Er führt die negative Deutung Gregors an, kann aber auch den Hund als Sinnbild des Priesters erkennen, dessen Rede Sünden heilt, wie die Zunge des Hundes Wunden (Gregerorianum 3, 12, PL 193, 102f.). Augustinus stellt in seiner Deutung von Ps. 67, 24 heraus, dass nicht der reale Hund gemeint sein kann, weil es sich bei ihm um eine nützliches Tier handelt. (Epist. Class. 3, 149, PL 33. 634). Überhaupt bezweifelt Augustinus eine negative Deutung der Hunde (Ep. 78,6, CSEL 34/2, 341). Isidor von Sevilla, der sich neben den christlichen Zeugnissen auch auf ihm bekannte antike Quellen (etwa Plinius) stützt, schätzt den Hund durchweg positiv ein. Der Hund sei das einzige Tier, das seinen Namen kenne, seinen Herrn so sehr liebe, dass er für ihn sterben würde und nicht in der Lage sei, ohne den Menschen zu leben (Etym., 12,2, 25-28). Isidor kopierend und ihn um zahlreiche Bibelstellen ergänzend stellt auch Rabanus Maurus den Hund positiv dar (De univ. 12, 1, PL 111, 224). In seinen Erläuterungen zur Bibel aber übernimmt er den negativen

Duktus (Alleg. In Sac. Scrip., PL 112, 883).

Ausg.: Isidor of Seville: Etymologies, ed. S. BARNEY u.a., 2005.

Lit.: M. SCHUMACHER: Ärzte mit der Zunge. Leckende Hunde in der europäischen Literatur, 2003.

Heiko Schnickmann

Zurück zu "Hund" | Zurück zu "B.1 Antike Zoologie" | Weiter zu "C. Lateinische Literatur"