LÖWE – Nordische Literatur

Löwe – E.1 – I. Terminologisches

Das altnordische Wort léo bzw. león scheint bereits in der Wikingerzeit aus dem altengli­schen léo entlehnt worden zu sein. Neben león findet in gelehrten, hagiographischen Texten eine weitere, merkwürdige Löwen-Bezeichnung Verwendung: Hit óarga dýr. Óargr ist eine Negation von argr (›unmännlich, weibisch oder feige‹) und kann somit etwa als ›furchtlos, wagemutig‹ o.ä. aufgefasst werden. Hit óarga dýr, ›das furchtlose Tier‹ begegnet auch in den Riddarasögur und Fornaldarsögur als Bezeichnung für den Löwen bzw. ein zu bezwingendes löwenartiges Untier.

Lit.: H. Beck: Hit óarga dýr und die mittelalterliche Tiersignificatio, in: Saga og språk, hg. v. John M. Weinstock, 1972, 97-111; J. Fritzner: Ordbog over der gamle norske Sprog. 4 Bde., (4)1973.

Sigmund Oehrl

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Löwe – E.1 – IV.1 Narrative Texte

In der altnordischen Mythologie begegnet der Löwe nicht. In der Gylfaginnung (Faulkes S. 25, 47) treten jedoch zwei Katzen auf, die den Wagen der Göttin Freyja ziehen. Dieses Motiv mag auf vorderasiatische Vorstellungen, auf Göttinnen im Löwengeleit zurückzuführen sein.

Durch Übersetzungen und Verarbeitungen europäischer Stoffe werden verschiedene religiöse und weltliche Löwen-Vorstellungen in der altnordischen Literatur greifbar: Literarische Belege finden sich in der Prosaliteratur des 13. Jahrhunderts – etwa in Texten, denen die lateinische Legendenüberlieferung (bspw. die altnordische Übersetzung der Vitae patrum (Unger S. 529, 530; hier als Femininum leóna) und die Barlaams saga ok Josaphats; Keyser/Unger S. 127) oder volkssprachliche Epenstoffe zugrunde liegen. Hier bezieht sich léo/león häufiger auf die Bemalung eines Schildes, so etwa in der Þiðreks saga (Bertelsen S. 326) und der Magnúss saga berfæts (S. 69). Löwenschilde finden sich ferner in den Íslendinga sögur (bspw. Brennu-Njáls saga; Einar Ólafur Sveinsson S. 231).

Ausg.: H. Bertelsen (Hrsg.), Þiðriks saga af Bern 1-2. STUAGNL 34 (Kopenhagen 1905-1911); Einar Ólafur Sveinsson, Brennu-Njáls Saga. Íslenzk Fornrit XII (Reykjavík 1954); A. Faulkes (Hrsg.), Edda 1. Prologue and Gylfaginning (Oxford 1982); R. Keyser/C. R. Unger (Hrsg.), Barlaams ok Josaphats saga. En reli­giös romantisk fortælling (Christiania 1851); Sögur Noregs konúnga frá Magnúsi berfætta til Magnúss Erlíngsso­nar. Fornmanna sögur 7 (Kaupmannahöfn 1832): C. R. Unger (Hrsg.), Heilagra manna sögur 1-2. Fortællinger og legen­der om hellige mænd og kvinder (Christiania 1877).

Lit.: H. Beck/H. Reichert/E. Wamers: Löwe und Löwendarstellungen, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 18 ((2)2001), 557-566; J. Bernström/M. Blindheim/H. Trætteberg: Løve, in: Kulturhistorisk leksikon for nordisk middelalder 11 (1966), 167-171; J. Fritzner: Ordbog over der gamle norske Sprog. 4 Bde., (4)1973); W. Heizmann: Freyja, in: Mittelalter Mythen, Bd. 3, 2001, 273-315.

Sigmund Oehrl

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